PORTRAIT

 

aus: Saarbrücker Zeitung vom 07.01.2004

Autor: Karsten Neuschwender

Ein Kritiker im Jahrbuch der Zeitschrift Opernwelt nominierte sie im vorigen Jahr als beste Sängerin der Saison: Stefanie Krahnenfeld. Kein Wunder, sollte man meinen - bei dieser Stimme und diesem Spiel.

Die Frau trägt eine Schirmmütze und kommt lässig auf einem Fahrrad angefahren - was eigentlich nichts Besonderes ist. Wäre die Frau nicht Stefanie Krahnenfeld und Opernsängerin - einer Berufsgruppe, der man gern eine gewisse Überempfindlichkeit im Hinblick auf die wind- und wetteranfällige Stimme nachsagt. Stefanie Krahnenfeld steigt vom Rad, sagt "Hallo" und: "Das muss die Stimme eben aushalten." Eine wunderbar unkomplizierte Frau, natürlich, sympathisch und alles andere als arrogant. Dabei ist sie Preisträgerin des internationalen ARD-Wettbewerbs und wurde voriges Jahr von einem Kritiker im Jahrbuch der Zeitschrift Opernwelt als beste Sängerin der Saison nominiert.

 

Apart. Diese Dame hat nicht nur eine wunderschöne Sopranstimme, sondern ist auch sympathisch und unkompliziert: Stefanie Krahnenfeld, die seit 1998 Ensemblemitglied am Saarländischen Staatstheater ist. Zuvor studierte sie an der Manhattan School of Music. Derzeit mimt Krahnenfeld in Janáceks Oper "Das schlaue Füchslein" die Füchsin.

 

Seit der Spielzeit 1998-1999 ist Stefanie Krahnenfeld Ensemblemitglied am Saarländischen Staatstheater. "Ich habe hier in Saarbrücken die richtige Entwicklung machen können", erzählt sie. "Das hat meine Kraft aufgebaut." Denn von Anfang an durfte sie hier große Rollen singen. Zu sehen war sie beispielsweise als Norina (Don Pasquale), Pamina (Die Zauberflöte), Susanna (Hochzeit des Figaro), Ilia (Idomeneo), Despina (Così fan tutte), Sophie (Der Rosenkavalier) oder als Frau Fluth (Die lustigen Weiber von Windsor). Diese Erfahrungen machen fit für größere Bühnen, was die Krahnenfeld sehr zu schätzen weiß. Denn was bringt es, an einem großen Haus anzufangen und nur kleinere Rollen oder Lückenbüßerin zu spielen. In Saarbrücken lernte sie, große Partien darzustellen - was heute den lässigen Satz erlaubt: "Mir ist es völlig egal, ob ich Konstanze hier in Saarbrücken singe oder woanders." Womit allerdings nur die Rolle auf der Bühne gemeint ist. Denn über den reinen Job hinaus liebt Krahnenfeld das Saarbrücker Theater wegen seiner hervorragenden Arbeitsbedingungen und der guten Zusammenarbeit mit den Kollegen - und nicht zuletzt fühlt sie sich in der Stadt Saarbrücken wohl.

Dabei wollte sie eigentlich gar keine Opernsängerin werden. An der Essener Folkwang-Schule wurde sie zunächst im Bereich Musical ausgebildet. In diesem Bereich arbeitete sie auch zuerst, bis sie sich gegen das "Business" entschied. Was auch mit persönlichen Problemen in dieser kommerziellen Schlangengrube zu tun hat, die sie andeutet, wenn sie sagt: "Ich hatte für meinen Stimmtyp nicht das richtige Aussehen, denn ich bin groß und weiblich - und nicht klein und rehäugig." Ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ermöglichte ihr die Opernausbildung in New York. Nach einem zweijährigen Graduiertenstudium an der Manhattan School of Music erhielt sie 1998 ihren Master of Music. Und landete direkt darauf in Saarbrücken. Als Umweg bezeichnet sie die Musical-Ausbildung allerdings nicht. Denn dort hat Krahnenfeld gelernt zu tanzen und zu schauspielern - was viele ihrer Opernkollegen mit ihren steifen und hölzernen Theaterposen nicht können. "Da liegt bei der Ausbildung an deutschen Hochschulen einiges im Argen", sagt Krahnenfeld, deren Erfolg sich neben ihrer schönen, lyrisch bis dramatisch koloraturhaften Sopranstimme durch überragendes schauspielerisches Talent erklärt.

Neben ihrem festen Engagement in Saarbrücken arbeitet sie als Konzertsängerin. Regelmäßig arbeitet sie am Staatstheater Stuttgart und an der Komischen Oper Berlin. Bei den Bregenzer Festspielen 2001 und 2002 sang sie die Partie der Musetta in La Bohème. Derzeit ist sie am Saarländischen Staatstheater in dem Stück vom schlauen Füchslein zu hören, im Januar singt sie in London wieder in La Bohème.